Monatskalender September

Matrosenhunde, Monatskalender, September, Zuhören

Der September ist da und damit die große Wehmut, weil der Sommer doch nicht lang genug war, weil wir doch noch ganz viel in blauen Gewässern untertauchen und in Sand wühlen und abends draußen sitzen und an Sonnenhaut schnuppern wollten, weil wir doch Wildblumen wollen und Blätterrauschen, warme Häuserwände und Picknickdeckenbegegnungen, weil wir die sein wollen, die wir immer nur dann sind, wenn wir uns mit genügend Serotonin aufgeladen haben und ein bisschen jugendlichem Leichtsinn.

Und gleichzeitig ist es so wunderschön, die Spinnweben weben Netze zwischen den Balkongeranien, die Stoppelfelder leuchten golden, eine Abendkühle macht sich breit und die Vögel sind in Skandinavien schon losgeflogen, nach Süden.

Je älter wir werden, umso mehr schätzen wir das bewusste Verdrängen, zeitweilig natürlich nur und nicht als Lebensmotto. Deswegen ist jetzt noch ganz lange Spätsommer und die Schwimmbadkarte wird noch abgebadet, die kurze Hose angezogen mit Strickjäckchen, die trockenen Blätter der Winterlinde werden einfach ignoriert, ein bisschen müssen wir noch sammeln für das, was dann kommt.

Und sind schon nicht mehr im Lange-hell-zerzaustes-Haar-keine-Termine-Modus, sondern es werden Buntstifte angespitzt und Regenponchos angezogen, Fahrradlichter aufgeladen und Erkältungstees zubereitet, denn in der Nachspielzeit des großen Sommers muss manchmal auch die Melancholie gut einsortiert werden.

Wir zünden eine schief geschmolzene Kerze an, weil jeder Tag im weichen Licht etwas ist, wofür wir dankbar sind, weil es überhaupt gut ist, dass wir noch da sind, weil das alles so sein muss, Jahreszeiten und Circle of Life und die Erde dreht sich immer weiter.

Also finden wir uns ein im Ein-bisschen-leiser sein und lauschen dem, was zu uns flüstert, den Täubchen im Hinterhof, der Waschmaschine, den kichernden Teenies mit aufgeklebten Nägeln, den planschenden Kindern und auch denen, die ganz still geworden sind.

Wer weiß, vielleicht muss man nur selbst ein bisschen innehalten, das Licht dimmen und kurz nichts wollen, ein wenig Platz machen für die, die auch da sind und jetzt dran: die Spinnen und müden Wespen, das kältere Wasser und die frühere Nacht, das Traurigsein und das Frohsein; über das was war und die unablässige Verwandlung unseres Lebens:

»Hallo, ich bin zum Zuhören gekommen.«

Ahoi, Eure Matrosenhunde

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P.S.: Hier können die vergangenen Monatskalender betrachtet werden.

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