Hinter den Häusern

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Woanders ist es viel grüner. So richtig grün und saftig und es riecht nach unreifem Obst und guter Erde. Im Vergleich dazu ist es gar nicht richtig grün hier, eher dunkelgraugrün und das Weizenfeld ist gar kein Weizenfeld, es ist eine große Wiese, ängstliche Bodenbrüter und das Rauschen der Stadtautobahn hinterm Wind.
Wir laufen im Kreis, Mädchen sitzen auf Asphalt und fotografieren einander mit ihren Handys und Piratenjungen mit großen, transparenten Segeln surfen halsbrecherische Manöver, wir weichen aus und bewundern.
Wie am Meer, sagst du, die Luft und die Weite und die glücklichen Menschen, die mit Sonnenbrand gen Horizont blicken. Oder, fast, denn gegenüber sind wieder Häuser mit anderen Menschen und die Analogie funktioniert nur da, wo die Faktenlage ungeklärt ist.
Zwischen den Häusern wird es schneller dunkel, graugewellte Menschen mit graugewellten kleinen Hunden drehen ihre Runden und jemand hat die vertrockneten Hundehäufchen golden angesprüht, nicht drauftreten, nur staunen. Ein muslimischer Würdenträger zwischen großen Kartons vor dem Hauseingang, er joggt auf einem Laufband, man muss alles gleich testen, er joggt mit ernster Miene und daneben warten zwei jüngere Männer auf sein Urteil.
Das Wichtige, sagst du, ist ja, dass man einfach rausgehen kann und da passiert etwas. Dass man soviel könnte. Dass man nie vorher weiß, wen man trifft. Dass man sich nie sicher sein kann. Wir setzen uns auf den Bordstein und trinken bayrisches Importbier. Ein Vater trägt sein Kind nach Hause und wieder hat jemand einen Wellensittich gefunden.
Die Straße ist warm und leer, hinter den Fenstern wird es blau und in den Kneipen voll. Alle gucken Fußball und wir bleiben sitzen. Zwischen den Zeiten.

Erstveröffentlichung im Juni 2014 anlässlich der Ausstellung »Matrosenhunde suchen den Zusammenhang« bei 48h_Neukölln

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